Die Geschichte der Volkshochschule Köln

Wofür stand die Volkshochschule 1919, was war zwischen 1933 und 1945, und gab es das eigene Haus am Neumarkt eigentlich immer?

Überhaupt, Häuser: von der Idee des Forums zum FORUM Volkshochschule im Museum am Neumarkt, von der Innenstadt in die Stadtteile (und zurück). Es gibt viele Themen in so vielen Jahren. Auf dieser Seite werfen wir einige Schlaglichter auf über 100 Jahre VHS.

1919 bis 1920: Die demokratischen Anfänge vom Verein zur städtischen Volkshochschule Köln

Die Kölner Volkshochschule öffnet am 2. Mai 1919 mit einem Vortrag zur neuen demokratischen Reichsverfassung ihre Türen. Ihre Gründungsväter sind Dozenten und Professoren der Kölner Universität, die sich im „Verein geistiger Arbeiter“ zusammengeschlossen haben.

Um „Bildung für alle“ zu ermöglichen, engagieren sie sich selbst ehrenamtlich als Kursleiter. Im Oktober 1920 geht die Volkshochschule in städtische Hand über, wurde sie doch bereits von Anfang an von der Stadt Köln unterstützt. Der Sozialwissenschaftler Dr. Paul Honigsheim übernimmt die Leitung. 

Die Palette der Themen ist bunt: Politik, Geschichte und Weltanschauungsfragen, Sozial-, Wirtschafts- und Naturwissenschaften, Literatur, Kunst und Kultur stehen auf dem Programm. Auch in Deutsch und Rechnen können Männer und Frauen Kurse belegen. Wünsche der Teilnehmenden werden im Programm berücksichtigt, und auch Gewerkschaften und Berufs- verbände sind in die Planung mit eingebunden. 

In all ihren Kursen bietet die Volkshochschule Raum für freie Meinungsäußerung, fördert Toleranz gegenüber Andersdenkenden und verhält sich politisch und weltanschaulich neutral. So sollen aus Teilnehmenden mündige Bürger*innen werden – fähig und gewillt, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich in die gesellschaftspolitischen Fragen der neuen Weimarer Republik einzumischen. Dozierende und Teilnehmende diskutieren dabei auf Augenhöhe. 

Auch heute gelten für die Volkshochschule Köln diese Grundsätze. Berufliche Bildung und die Vermittlung von Fachkenntnissen – inzwischen ein wichtiger Teil des Programms – haben zur Weimarer Zeit jedoch eine eher geringe Rolle gespielt.

1922: Schon früh international: deutsch-englische Sommervolkshochschule in Brühl

Völkerverständigung – nach dem Ersten Weltkrieg ein wichtiges Ziel der Volkshochschulbewegung – wird an der VHS Köln lebendig. 1922 treffen sich 15 deutsche und englische Pädagogen und je 50 deutsche und englische Teilnehmende im Schloss Brühl – und das, obwohl sie kurz zuvor noch Kriegsgegner waren. 

14 Tage lang wohnen sie zusammen und diskutieren miteinander. „Einer neuen Weltordnung entgegen“ – nichts Geringeres ist das zentrale Thema. 1925 findet erneut eine internationale Volkshochschulwoche statt, dieses Mal als deutsch-holländische Begegnung. 

Brücken zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen zu schlagen, ist Paul Honigsheim, dem Leiter der Kölner Volkshochschule, auch ein persönliches Anliegen. In einem deutsch-französischen Elternhaus aufgewachsen, hat er selbst einen internationalen Hintergrund. „Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, welchen Wert solche Veranstaltungen für die Annäherung der Völker haben können“, sind seine Worte nach dem Treffen in Brühl.

1933: Zwangspause während der Nazi-Diktatur: Schließung der städtischen Volkshochschule

Nach den Kommunalwahlen am 13. März 1933 übernehmen die Nationalsozialisten die Macht im Kölner Rathaus. Kurze Zeit später legt Paul Honigsheim die Leitung der Volkshochschule nieder, im Herbst verlässt er Deutschland schließlich in Richtung Paris.

Dem Sozialdemokraten und Humanisten Honigsheim war klar, dass die Volkshochschule unter den neuen politischen Vorzeichen nicht in ihrem ursprünglichen Geist, demokratisch und weltoffen, bestehen bleiben konnte. Nur wenig später bietet ein früherer VHS-Dozent der Kölner Stadtverwaltung an, die Leitung der Volkshochschule zu übernehmen und diese „zu einem natio- nalsozialistischen Propagandainstrument auszubauen“. 

Jedoch war zu diesem Zeitpunkt bereits eine ganz andere Entscheidung gefallen. Die Volkshochschule Köln muss im Frühjahr 1933 vorerst ihre Tore schließen – und zwar aufgrund der schlechten städtischen Finanzlage.

1935: Erwachsenenbildung unterm Hakenkreuz: Eröffnung der "NS-Volksbildungsstätte Köln"

In die Lücke, welche die städtische Volkshochschule hinterlässt, tritt im Februar 1935 die sogenannte „Volksbildungsstätte“ der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“. Sie ist unmittelbar der NSDAP zugeordnet, aber auch eng mit der Kölner Stadtverwaltung verbunden: Zum einen stellt die Stadt Räumlichkeiten für die Kurse zur Verfügung. Zum anderen untersteht die Volksbildungsstätte einem „Protektorat“ (einer Art Vorstand), dem auch der Kölner Oberbürgermeister Günter Riesen angehört. 

Das Bildungsangebot ähnelt dem Programm der städtischen Volkshochschule zur Weimarer Zeit – jedoch nur auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin, so sieht man, dass die Volksbildungsstätte zum Propagandainstrument geworden ist: Die nationalsozialistische Ideologie soll verbreitet, das rassistische Denken befördert und Hitler verherrlicht werden. 

Kurse zur Erb- und Rassenpflege, zur Geschichte der NSDAP und zum „deutschen Volkstum“ sind wesentlicher Teil des Programmangebots. Die „Volksbildungsstätte” steht damit im Widerspruch zum demokratischen und aufklärerischen Geist der Gründer und zu den Werten der heutigen Volkshochschule Köln. Sie besteht laut historischer Quellen bis mindestens 1942.

1946: Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg am 15. September 1946

„Am Neubau unseres Volkes mitwirken“ und „zur Mitarbeit an der Demokratie erziehen“ – das sind die Aufgaben, die sich die Volkshochschule Köln, erneut in städtischer Hand, nach der Befreiung vom Nationalsozialismus stellt. 

Grundgesetz und Grundrechte, Wahlrecht und ab den 1950er Jahren europäische Themen: Das VHS-Programm spiegelt die großen gesellschaftlichen Fragen der Zeit wider und trägt aktiv zur Debatte bei. Wieder wird die Volkshochschule in einer Umbruchssituation Ort der Verständigung und Orientierung. Menschen tauschen hier ihre Vorstellungen von Gesellschaft und Zusammenleben aus und lernen andere Ideen und Betrachtungsweisen kennen.

Jedoch geht es auch darum, „geistige Kriegsopfer zu kompensieren“: Die vielen jungen Menschen, die statt Schulabschluss und Ausbildung im Krieg waren, bekommen ihre zweite Chance und können an der VHS Deutsch und Rechnen lernen. 

Ab 1947 können sie auch beruflich orientierte Kurse belegen – wie etwa kaufmännisches Rechnen, technisches Zeichnen, Buchführung, Stenografie oder den Umgang mit der Schreibmaschine.

1949: Ein gemeinsames Europa bauen  gemeinsam lernen

Ab den 1950er Jahren schließt Köln Städtepartnerschaften, denn aus Feinden sollen Partner und vielleicht sogar Freunde werden. Und wer miteinander ins Gespräch kommen will, braucht eine gemeinsame Sprache. Englisch, Französisch und sogar Esperanto finden sich im Programm der Volkshochschule.

Internationale Begegnung ermöglicht die VHS bereits 1949: In einer internationalen Sommerschule kommen Menschen aus sieben Ländern zusammen, um gemeinsam an einer „weltbürgerschaftlichen Vision“ zu bauen.

Das bedeutet, Nationen sollen miteinander Gesellschaft gestalten und nicht länger gegeneinander kämpfen. Bildungswochen der Volkshochschule Köln führen die Teilnehmenden nach Belgien, England, Frankreich, Holland und in die Schweiz. 

Wie mögen sie den Menschen gegenübergetreten sein, die vor kurzem noch als Feinde galten? Wie fühlte es sich an, mit dem ehemaligen Erzfeind gemeinsam Kaffee zu trinken und Gesellschaft neu zu denken? Bildungswochen und Wochenenden zu den verschiedensten Themen finden auch im Kölner Umland statt – mit freiem Kopf und in guter Luft lernt und begegnet man sich jenseits des Alltags. Mit diesen Arbeitsgemeinschaften löst die VHS Köln das Ideal des Lernens auf Augenhöhe ein.

1957: Die "Gürzenich-Vorträge": Die VHS wird zum Forum!

Der Gürzenich – die gute Stube Kölns. Ab Mitte der 1950er Jahre ist die Volkshochschule dort mit den „Gürzenich-Vorträgen“ zu Gast, eine Neuerung, die der VHS-Leiter Heinz Stragholz einführt.

Auf Einladung der Volkshochschule kommen wichtige Personen der Zeitgeschichte zu Wort und mit den Menschen ins Gespräch – wie etwa Ernst Bloch, Max Horkheimer, Martin Buber, Nico Rost oder Peter von Zahn. Die Volkshochschule wird zum Forum des Dialogs, wo drängende gesellschaftliche Fragen verhandelt werden und die junge Demokratie um ihr Selbstverständnis ringt. „Die Einführung der sogenannten Gürzenich-Vorträge bedeutete, dass über ein Jahrzehnt hin die Stimme hervorragender Wissenschaftler und Denker im Kölner Gürzenich zu hören war (…), und jeder Vortrag war Gegenstand von Besprechungen in der Kölner Presse“, so Paul Röhrig zum 75-jährigen Jubiläum der Volkshochschule Köln.

1958: Bildung im Auftrag von Technologie und Fortschritt?

Ende der 1950er Jahre richten die Volkshochschulen ihr Bildungsangebot stärker an der beruflichen Qualifizierung aus – und ihr Selbstverständnis ebenso. So bietet die VHS Köln 1958 erste „Deutschkurse für Ausländer“ und ab 1959 berufsqualifizierende Abschlüsse an. 

In den 1960er Jahren kommen Zertifikatskurse und Prüfungen in den Fremdsprachen und anderen Fächern dazu. Aus den damals entstandenen „VHS-Zertifikaten“ werden in den 2000ern die heute international anerkannten telc-Sprachenzertifikate. 

Als „Schule der zweiten Chance“ ermöglicht es die VHS ab 1967 Erwachsenen, anerkannte Schulabschlüsse nachzuholen. Vielen Menschen eröffnen sich dadurch neue Perspektiven.

1965 bis 1969: Ein Haus für Erwachsenenbildung

In den 1960er Jahren steigt die Nachfrage nach VHS-Kursen so stark an, dass die Stadt Köln der Volkshochschule ein eigenes Haus gibt. 

1965 bezieht die VHS das Studienhaus am Neumarkt: zentral gelegen und mit topaktueller Ausstattung. Sprachlabor, Tanz- und Bewegungsraum, Musiksaal und Werkstätten ermöglichen den Auf- und Ausbau eines umfassenden Bildungsangebots. Modernität ist Programm: So schmückt das Kunstwerk „Große Huldigung an das technische Zeitalter“ des italienischen Künstlers Arnaldo Pomodoro die Fassade – was jedoch auf geteiltes Echo trifft. „Tomaten für Pomodoro“, so heißt es im Kölner Stadt-Anzeiger.

1969 wird das Ensemble aus Bildungshaus, Kunsthalle und den Forumssälen der Volkshochschule vervollständigt: Anknüpfend an die Gürzenich-Vorträge eröffnet kein Geringerer als Ernst Bloch das neue VHS-Forum. Im Laufe der Jahre finden hier Theateraufführungen, politische Vorträge, Lesungen und Konzerte mit bekannten Persönlichkeiten statt. Doch auch für die Teilnehmenden der VHS-Kurse heißt es: Bühne frei!

1974: Recht auf Weiterbildung?!  Professionalisierung und Ausweitung des Angebots

Am 31. Juli 1974 definiert das „Erste Gesetz zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen“ die Aufgabe der Volkshochschulen, ein Bildungsangebot von „zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur freien Wahl des Berufs erforderlichen Kenntnisse[n] und Qualifikationen“ bereitzustellen. 

Mit diesem Gesetz wird die Finanzierung der Weiterbildung auf eine verlässliche Basis gestellt. Die Kommunen in NRW sind seither verpflichtet, eine Weiterbildungseinrichtung zu unterhalten.

Auch die Volkshochschule Köln professionalisiert sich, indem sie mehr Fachpersonal einstellt, und kann ihr Angebot erweitern. Professionalisierung und Ausweitung gelten auch für die Schulabschlüsse, die an der VHS Köln nachgeholt werden können: 1974 wird das Tageskolleg der VHS Köln gegründet. Als bundesweit anerkannte Modelleinrichtung wird es Vorbild für den zweiten Bildungsweg an Volkshochschulen in ganz NRW. Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte begleiten benachteiligte Jugendliche zu einem Schulabschluss und zum Einstieg in Ausbildung und Beruf – ein Konzept, das im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt und um die Berufsorientierung ergänzt wird. 

Stets gilt jedoch: Erst müssen die persönlichen Probleme gelöst werden, dann ist der Kopf frei für die individuellen beruflichen Wege. Aus finanziellen Gründen wird 1996 die Tages- und Abendschule Köln (TAS) gegründet – als private Abendrealschule und Nachfolgeeinrichtung des Tageskollegs. Das bewährte Konzept und das Personal übernimmt die TAS weitgehend.

1975: Haus Balchem: gemeinsam lernen  gemeinsam wohnen in der Kölner Südstadt

Die Idee knüpft an die Arbeiterbildung der Weimarer Republik an: In eine Art „Volks- hochschulheim“ sollen junge Arbeiter*innen, die wenig Zugang zu Politik und den üblichen Bildungseinrichtungen finden, zusammenleben und sich parallel zu ihrem Beruf politisch weiterbilden.

Ab 1975 eröffnet Haus Balchem jungen Menschen neue Perspektiven: „Ich habe mich bisher nur wenig für die Politik interessiert. Ich möchte dieses Seminar aber gerne nutzen, um einen Einstieg in das politische Engagement zu finden“, so ein Teilnehmer aus dem Lehrgang von 1991 bis 1993. 

Geistiger Vater des Projekts ist Prof. Dr. Paul Röhrig – stellvertretender Leiter der Volkshoch-schule Köln von 1954 bis 1970 –, der die Arbeit bis Anfang der 1980er Jahre wissenschaftlich begleitet. 

1982 sind es politische Gründe, in den 1990ern Haushaltsengpässe, die mehrmals zur Schließung von Haus Balchem führen. 

Wäre es nicht heute interessant, das Konzept für das 21. Jahrhundert neu aufzulegen – mit gemeinsamem Wohnen, Lernen und Engagement für den Stadtteil?

1977 bis 2003: Die VHS im Veedel  innovativ, vernetzt und bürgernah

Mit der Eingemeindung von Porz, Rodenkirchen und Weiden im Jahre 1975 gewinnt Köln drei Volkshochschulen in Stadtteilen – und die Stadt erkennt, wie wichtig Weiterbildung im Veedel ist.

In den 1990er Jahren gibt es in jedem Stadtbezirk eine eigene VHS-Zweigstelle. Beim Bau der Bezirksrathäuser werden Stadtbibliothek und Volkshochschule mitgeplant, wodurch Kooperationen sich anbieten. 

Das Bildungsangebot „vor der Haustür“ ebnet den Weg zur Weiterbildung: In allen Stadtbezirken geht in dieser Zeit die Zahl der Teilnehmenden steil nach oben. Die Hälfte des VHS-Programms findet in den Stadtteilen statt – es geht um mehr als den kurzen Weg zum Kurs. Auf dem Kölnberg mietet sich die VHS in der Hochhaussiedlung ein und bietet dort Kurse an. Sie schafft zudem Räume, in denen die Bewohner*innen ihre Anliegen vor Ort aktiv angehen – etwa das „Chorweiler Sofa“ und den Böcking-Stammtisch in Mülheim, wo die brennenden Themen des Stadtteils diskutiert werden, oder die Geschichtswerkstatt zur Kalker Industriegeschichte.

Fotoausstellungen wie etwa „Kölner Stadtteilansichten“ entstehen, und die Rechtsrheinischen Kulturtage sowie politisches Kabarett zeigen und fördern die Lebendigkeit in den Stadtteilen. Der Aufbruch in die Veedel endet Mitte der 1990er Jahre aufgrund von massiven Haushaltseinsparungen. 

Sehr lebendige Zweigstellen wie Mülheim oder das eigens für die VHS konzipierte Haus in Kalk haben seither kein Personal mehr – und fehlt die Ansprechperson vor Ort, ist die Hürde hoch. Die Volkshochschule hat sich daher zum Ziel gesetzt, wieder stärker in die Veedel zurückzukehren.

1980 bis 2000: VHS für alle  besondere Kurse für besondere Menschen?

Mit dem Programm „Themenkreis Behinderung“ entsteht 1986 ein Angebot, das sich gemeinsam an „behinderte und nichtbehinderte Menschen“ richtet. Theater- oder Tanzkurse, Museumsfüh- rungen oder Malkurse sind methodisch besonders gestaltet. 

Andere Veranstaltungen greifen Themen auf, die für Menschen mit Behinderung von besonde- rer Bedeutung sind, wie etwa das Schwerbehindertenrecht. Heute versuchen wir, in allen Kursen den Zugang auch für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, z. B. durch technische Unter- stützung für hör- oder sehgeschädigte Menschen oder rollstuhlgerechte Räumlichkeiten.

1988: Vorreiterrolle in der Umweltbildung

Der erste Gemeinschaftsgarten Kölns entsteht 1988 bei der VHS – lange bevor Urban Gardening in den allgemeinen Wortschatz eingeht! 

Der Biogarten Thurner Hof ist bis heute ein Projekt der Volkshochschule, die damals in Dellbrück das alte Rittergut Thurner Hof für Kurse nutzt. Der Parkplatz wird zum Garten und Lernort. Im Biogarten lernen Menschen das Gärtnern und Imkern nach biologischen Grundsätzen – also ohne Chemie –, und sie entdecken „Unkraut“ als Wildkräuter oder wie man aus Pflanzen Samen gewinnt. 

Zunächst wird das von manchem belächelt – dass wir Klimaschutz und eine nachhaltige Landwirtschaft brauchen, ist damals noch nicht im allgemeinen Bewusstsein angekommen. Und heute? Der Thurner Hof ist Teil des Netzwerks „Gemeinschaftsgärten Köln“, das einmal im Jahr an der Volkshochschule das Saatgutfestival mit etwa 1.000 Besucher*innen ausrichtet. Umweltbildung ist heute an der VHS ein eigener Fachbereich mit praktischen Kursen im VHS-Biogarten, aber auch politischen Veranstaltungen.

1990: VHS goes Media

In den 1980er Jahren setzt der Bereich Medienbildung an der Volkshochschule neue Akzente. 

Die Menschen zu Wort kommen lassen: Aus diesem Verständnis heraus geht 1991 die VHS-Radiowerkstatt bei Radio Köln an den Start. Nach dem Motto „Radio von Kölnerinnen und Kölnern für Kölnerinnen und Kölner“ wird pro Tag 90 Minuten über Politik, Kultur und die Stadt berichtet. Die Radiowerkstatt zieht neue Personenkreise an und eröffnet den einzelnen Bürgerfunkgruppen vielfältige Möglichkeiten, sich politisch einzubringen. 

Eine von vielen Erfolgsgeschichten: Die VHS-Radiogruppe „Lästerhertz“ erhält den LfR-Hörfunk-Preis. Mit dem Internet verabschiedet sich die Volkshochschule Anfang der 2000er Jahre von der Radiowerkstatt. Jetzt erweitern wir Kurse um neue digitale Lernmöglichkeiten. Heute wichtiger denn je: Auch Medienworkshops für geflüchtete Menschen werden angeboten.

1996: VHS ebnet Wege in den Beruf  nicht nur am Abend

Berufsqualifizierung erhält mit dem Ende der Vollbeschäftigung neue Bedeutung – Abendkurse reichen nicht mehr aus. Ab 1986 konzipiert die VHS gemeinsam mit der Arbeitsagentur langfristige Fortbildungen in Vollzeit, um Arbeitslosen neue Jobchancen zu eröffnen.

Finanziert von der Arbeitsagentur, erwerben die Teilnehmenden Abschlüsse etwa als Steuerfachangestellte, für Verwaltungstätigkeiten oder die Pflege. Was will ich? Was kann ich? Diese Fragen beantworten Jugendliche für sich in berufsorientierenden Lehrgängen. Am Ende steht oft der erfolgreiche Schritt in Ausbildung oder Beruf. Es gibt Angebote für unterschiedliche Zielgruppen, z. B. für Alleinerziehende, langzeitarbeitslose Frauen und Männer oder Frauen nach der Familienphase. 

Mit den Jahren ändert sich der Fokus: Ab 2009 werden berufsbezogene Deutschkurse wichtiger, um Geflüchtete und Migrant*innen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei in der Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Bildungsträgern und Fachleuten. Die VHS Köln ist heute eine geschätzte Kooperationspartnerin für Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekte in Köln und über Köln hinaus.

2003 bis 2007: Vom "Kulturloch" zum FORUM für Austausch und Begegnung

2003 in die Jahre gekommen, wird das Ensemble aus VHS-Forum, Kunsthalle und Kunstverein abgerissen. Geplant ist ein der Neubau eines Museums, doch die Realisierung verzögert sich. 

Neben der VHS klafft zunächst das „Kölner Kulturloch“. Geschlossen wird die Lücke neben dem Studienhaus mit dem neuen Rautenstrauch-Joest-Museum, das im Herbst 2010 seine Türen öffnet. Im Erdgeschoss erhält die Volkshochschule einen attraktiven Veranstaltungssaal, das „FORUM Volkshochschule“. 

Hier findet die politische und kulturelle Bildung erneut einen Ort im Herzen der Stadt. Längst eine bekannte und begehrte Adresse für verschiedenste Veranstaltungen, ist das FORUM Volkshochschule Raum für gesellschaftliche Auseinandersetzungen und die Begegnung von unterschiedlichen Menschen und Sichtweisen. Denn nur wer im Gespräch bleibt, wird gemeinsam Antworten auf die Fragen unserer Zeit finden.

2005: Recht auf Deutschkurse: Sprache, berufliche und gesellschaftliche Orientierung als Schlüssel zur Integration

Mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 erhalten viele Migrant*innen den Anspruch auf Integrationskurse, zur Hälfte oder ganz vom Staat gefördert. Vor allem geht es hierbei um das Erleben der deutschen Sprache. 

Ergänzt wird der Sprachkurs durch zunächst 30, inzwischen 100 Stunden „Orientierungskurs“ zur deutschen Geschichte und Politik. Beide Teile – Sprachkurs und Orientierungskurs – schließen mit einer Prüfung und einem Zertifikat ab. 

An der VHS Köln finden Integrationskurse seit der ersten Stunde statt. In den Anfängen besuchen vor allem Menschen, die schon lange in Deutschland leben, die Kurse. Ab 2012 nehmen zahlreiche Europäer*innen auf der Suche nach einer beruflichen Perspektive teil, seit 2014 kommen viele vor Krieg Geflüchtete aus Syrien, dem Irak und dem Iran in die Kurse. Heute haben wir Teilnehmende aus circa 80 Ländern. 

Aufbaukurse ebnen Migrant*innen seit 2009 den Weg in Ausbildung oder Beruf. Für den kaufmännischen, sozial-pflegerischen, pädagogischen oder den Dienstleistungsbereich werden Kurse angeboten, die ein berufliches Praktikum mit berufsbezogenem Sprachunterricht kombinieren. Inzwischen ist das Programm aus einem Guss: Deutschkurse von Alphabetisierung bis Hochschulniveau, Spezialkurse mit beruflicher Ausrichtung für verschiedene Bereiche und – ganz wichtig – politische und gesellschaftliche Bildung.

2008 bis 2015: Mehr Raum für zeitgemäße Weiterbildung  aktuell, transparent und barrierefrei

Das Jahr 2009 ist ein heftiger Einschnitt in die Geschichte der Volkshochschule Köln – und in die Geschichte der Stadt. Ende 2008 war die Volkshochschule aus erfreulichem Grund vom Studienhaus am Neumarkt nach Nippes und Sülz gezogen: Der Rat der Stadt Köln hatte die Sanierung des Studienhauses genehmigt, das fast 50-jährig eine gründliche Erneuerung nötig hatte. 

Als 2009 das Historische Archiv einstürzt und das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Asyl braucht, ist die Volkshochschule bereits in den Ausweichräumen angekommen und macht dort Programm. Das Gymnasium kann damit ins VHS-Studienhaus ziehen, und die Bauarbeiten werden kurzerhand verschoben. 

„Bis zu den Sommerferien“ – so heißt es zunächst, doch werden daraus einige Jahre. Das VHS-Programm läuft bis Mitte 2015 in Sülz und Nippes weiter, und viele treue Teilnehmende kommen mit – leider jedoch nicht alle. 

Die Freude ist groß, als im September 2015 – fast genau 50 Jahre nach Erstbezug – das frisch renovierte Studienhaus wiedereröffnet wird. Im gläsernen Erdgeschoss sind neue Räume entstanden. Ein „neues altes Haus“ für das 21. Jahrhundert – technisch gut ausgestattet, barrierefrei und transparent. Die VHS ist stolz, ihr zeitgemäßes Weiterbildungsangebot wieder im Herzen der Stadt präsentieren zu können.

Heute: Die Zukunft gestalten

Wir bleiben uns treu – und wir werden uns weiterentwickeln!

Mit digitalen Lernangeboten wollen wir auch die Menschen erreichen, die sich unabhängig von Ort und Zeit weiterbilden möchten. Auch in Zukunft werden wir lebensbegleitendes Lernen fördern – durch qualifizierte Beratung und Bildungsangebote, die zu den Menschen passen. 

Unserer Tradition entsprechend werden wir zudem politische Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement weiterhin initiieren und unterstützen. In Zeiten von „Fake News“ und Rechtspopulismus trägt die Volkshochschule dazu bei, politische Urteilskraft zu stärken und den Menschen Wege zu eigenem politischen Handeln zu zeigen. Die Klimaveränderung mit all ihren gesellschaftlichen und individuellen Herausforderungen werden wir im Bereich der Umweltbildung besonders in den Blick nehmen. 

Vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung: Gemeinsam mit weiteren Akteur*innen der Bildungslandschaft werden wir daran arbeiten, die Menschen noch besser durch die verschiedenen Bildungsstufen zu begleiten und sie in deren Übergängen zu unterstützen – durch Beratung und eine aktive Rolle im kommunalen Bildungsmanagement. Doch vor allem wollen wir eins sein: eine Volkshochschule, die in den Herzen und Köpfen der Kölner*innen ihren festen Platz hat – und mit ihrem Angebot das Leben und Lernen in unserer Stadt und weit darüber hinaus prägt.

 
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